Interview - Simone Dahli

Veröffentlicht am 9. Oktober 2024 um 04:16

Ehrenamt in der Praxis

Simone Dahli, ist die Gründerin von Lacitos de Luz, einem Kinderhilfswerk in Peru. Sie hat den Verein über Jahre rein ehrenamtlich geführt und auch in der Schweiz arbeitet der Verein Lacitos de Luz ehrenamtlich. 

 

Weitere Infos zu Simone Dahli:

Geschäftsstelle — Lacitos de Luz

Warum hast du dich so viele Jahre ehrenamtlich engagiert und leistest weiterhin viele Stunden im Ehrenamt? Was ist deine Motivation?

Ich denke, die Motivation, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist etwas, das man in sich trägt. Sicher auch geprägt von seinem Elternhaus und seinem Umfeld. Ich war als Mädchen und im Teenageralter im Handballverein und bei den Pfadis. Damals habe ich mir nie wirklich überlegt, was «ehrenamtlich» bedeutet. Es war für mich ganz normal, dass ich dann später auch viele Stunden ehrenamtlich als Handballtrainerin engagiert war, in meinen Ferien Lager geleitet habe und gleichzeitig auch als Leiterin bei den Pfadis tätig war. Meine Motivation dazu, mich später auch für benachteiligte Kinder in einem fernen Land zu engagieren, rührte sicher von meinem Gerechtigkeitssinn und einer grossen Dankbarkeit her, in einem Land wie der Schweiz geboren zu sein. Trotz eines familiären Schicksalsschlages mussten wir als Kinder nicht Hunger leiden und ich durfte meinen beruflichen Traum verwirklichen. Diese Chance haben ganz viele Kinder auf der Welt nicht. Und genau diese Chance möchte ich diesen Kindern und Jugendlichen bieten. Das ist meine Motivation.  

 

Was braucht es aus deiner Erfahrung für ehrenamtliches Arbeiten?

Aus meiner Erfahrung braucht man für ehrenamtliches Arbeiten vor allem Interesse und eine grosse Leidenschaft für die «Sache». Egal, in welchem Bereich man sich engagiert. In meinem Arbeitsbereich, der Entwicklungszusammenarbeit, braucht es zusätzlich viel Geduld, Verständnis, Durchhaltevermögen, eine grosse emotionale Belastbarkeit, Frustrationstoleranz und Flexibilität. Man darf nicht erwarten, dass alles immer so funktioniert, wie man es geplant hat. Wichtig ist, dass man sich zuallererst engagiert, weil man selbst davon überzeugt ist und an die Sache glaubt. Und die Erwartungen immer wieder überdenken und anpassen.

 

Warum ist Freiwilligenarbeit für die Gemeinschaft wichtig? Was spricht für das Ehrenamt?

Das Ehrenamt ist unglaublich wichtig für die Gesellschaft, die Gemeinschaft, die Wirtschaft, den Sport, das Sozialsystem und für das ganze Land. Ohne Ehrenamt wäre ganz viel nicht möglich, weil Geld für diese Bereiche fehlt. Persönlich gibt es einem die Möglichkeit, etwas Sinnvolles zu tun, direkt Menschen oder einer Sache zu «helfen» und sich aktiv daran zu beteiligen, etwas in der Gesellschaft zu bewirken. Man lernt sehr viel dazu und bekommt gleichzeitig auch Wertschätzung zurück.

 

Wo siehst du die Grenzen des Ehrenamts oder wann wird es schwierig?

In meinem Arbeitsbereich der internationalen Zusammenarbeit liegen die Grenzen des Ehrenamts zum einen im zeitlichen Aufwand. Man fängt mit einem kleinen Projekt an, mit nur wenigen Kindern. Dieses Projekt betreut man in seiner Freizeit am Wochenende oder am Abend. Doch schnell werden die Projekte ausgeweitet, die Anzahl der Kinder grösser. Und dies bei gleichen vorhandenen Zeitressourcen. Man kommt zum Punkt, wo man sich entscheiden muss, das bezahlte Arbeitspensum zu reduzieren und zusätzliche finanzielle Einbussen in Kauf zu nehmen. Oft bleibt auch für Freizeitaktivitäten nicht mehr so viel Zeit übrig. Dies muss man ganz gut überdenken. Schwierig ist es auch, mit den Erwartungen und der Verantwortung umzugehen. Auf einmal entscheidet man über die Zukunft, die Chancen, über die Gesundheit und manchmal sogar über das Leben eines Kindes. Dies kann emotional sehr belastend sein und man muss lernen, sich abzugrenzen, akzeptieren, dass man nicht allen helfen kann.

 

Was bedeutet ehrenamtlich zu sein?

Bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit investiert man Zeit und Energie in eine gemeinnützige Sache, ohne dass man dafür bezahlt wird.

 

Wie können wir junge Menschen für Ehrenämter gewinnen?

Ich denke, dass es auch für die heutigen Jugendlichen wichtig ist, schon in der Kindheit mit dem Thema vertraut zu werden. Wenn sie in der Familie oder dem Umfeld Vorbilder haben, die sich ehrenamtlich für eine Sache engagieren. Und die auch sonst ein soziales und tolerantes Weltbild haben. Für die jungen Menschen braucht es aber sicher neuere Modelle und den Einbezug der sozialen Medien.

 

Liebe Simone, vielen Dank für deine Zeit! 

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